Gestern Abend sind wir endlich dazu gekommen uns „Snowpiercer“ anzugucken, den ersten „internationalen“ Film des koreanischen „Star-Regisseurs“ Joon-ho Bong.
Der Film stand ja zuerst unter keinem guten Stern, nachdem der „Hollywood-Mogul“ Harvey Weinstein die Vertriebsrechte an dem Film erworben hatte und darauf bestand, den Film um ca. 20 Minuten zu kürzen. Seiner Meinung nach sei der Film in der Originalversion zu anspruchsvoll für das US-amerikanische Mainstreampublikum. Daraufhin erschien Snowpiercer zunächst in der Originalversion in einigen nicht-englischsprachigen Ländern und bekam so, trotz durchweg guter Kritiken,durch keinen einheitlichen Starttermin und gezieltes Marketing, kaum Aufmerksamkeit von einem größeren Publikum.
Weinstein hat in der Zwischenzeit zwar seinen Aufstand gegen den Regisseur aufgegeben, aber die Chance auf einen größeren Kinoerfolg ist durch dieses Hin und Her leider wohl ziemlich minimiert worden.
Was sehr schade ist, denn Snowpiercer ist ein wirklich guter, mitreißender Film.
Ausgangslage ist die nahe Zukunft. 17 Jahre nachdem die Menschheit im Kampf gegen die globale Erwärmung mit einem Kühlmittel-Experiment die Erde in eine leblosen Eiswüste verwandelt hat, sind die einzigen Überlebenden die „Bewohner“ des Snowpiercers – Ein Zug, der ohne Halt ununterbrochen auf einer weltumspannenden Schiene durch die Eislandschaft rollt. Dessen unaufhörlich laufende „Heilige Maschine“, erdacht vom vergötterten Erfinder Wilford, ist der einzige Garant für das Überleben der Menschen.
Im Zug herrscht von Anfang an ein strenges Kastensystem, in dem die Elite im vorderen Teil ein luxuriöses Leben mit vielen Annehmlichkeiten lebt, während der „Abschaum“ im hinteren Teil mehr schlecht als recht ums nackte Überleben kämpft.
Frustriert von den Umständen formt sich jedoch Widerstand gegen die Elite und unter dem Kommando von Curtis (Chris Evans) machen sich die Revolutionäre auf zum blutigen Weg in Richtung Wilford am Kopf des Zuges.
Beeindruckend sind die dunklen, dreckigen, dystopischen Bilder von den Zuständen im Heck des Tunnels und die Veränderung der Atmosphäre, je weiter die Aufständischen vordringen. Aus Dunkelheit und Dreck wirken die geschundenen Protagonisten angesichts der Reinlichkeit und Dekadenz der vorderen Abteile deplaziert und seltsam überwältigt. Auch die Kampfsequenzen sind sehr eindringlich und mit schonungsloser Körperlichkeit in Szene gesetzt, die ich fast schon mit der Intensität von „Oldboy“ vergleichen würde.
Auf jeden Fall ist Snowpiercer ein Film, den man gesehen haben sollte. Bis zum Schluss bleibt es spannend, wie weit Curtis und seine Gefolgschaft sich vorankämpfen können, ob sie am Ende Wilford gegenüberstehen und welche Geheimnisse die „Heilige Maschine“ noch von sich preisgeben wird.
Alles in allem einer der besseren Filme, die ich in der letzten Zeit gesehen habe. In den letzten 30 Minuten verliert er zwar etwas von der Intensität des ersten Teils, gewinnt dadurch aber gleichzeitig storytechnisch an Tiefe und Interpretationsspielraum.
Von mir gibt es daher insgesamt sehr gut gemeinte (8 / 10)