Moin!
Heute gehts mal nicht um Technisches, Serien, Filme oder den anstehenden Urlaub (Yeeahaaaw!) sondern um eine „alte“ Leidenschaft von mir:
Fahrräder!
Aber was heißt schon „Leidenschaft“? Keine Ahnung, ich bin irgendwie mit Fahrrädern groß geworden, hatte aber nie eine wirklich „emotionale“ Beziehung zu ihnen. Ich komm ja aus dem Emsland. Das Emsland ist bekanntermaßen (?) überwiegend flach. Also, eigentlich durchgehen nichts anderes als flach. Es gibt den Running Gag, dass die höchste Erhebung im Emsland die hiesige Müllkippe sei, und so weit weg von der Wahrheit ist das wohl gar nicht.
Jedenfalls hab ich früh das Radfahren gelernt und war eigentlich immer so kleinstadtmäßig mit dem Rad unterwegs. Auch und vor allem zur Schule. War jetzt nicht so weit weg, aber immerhin bei Wind und Wetter, Sommers wie Winters bin ich mit dem Rad gefahren. Ich kann mich in meiner gesamte Zeit auf dem Gymnasium vielleicht an 1-2 Tage erinnern, wo wir mit dem Auto gebracht wurden, weil das Wetter so scheiße war oder irgendwas. Aber sonst: Ab aufs Rad!
Und wer viel Rad fährt, macht, so will es das Gesetzt, irgendwann auch Bekanntschaft mit dem natürlichen Feind aller Radfahrer. Dem fiesesten Schmarotzer, den man sich vorstellen kann. Dem Fahrraddieb!
Als das erste Rad weg war, damals noch im Emsland, bin ich echt aus allen Wolken gefallen. Ich hab das gar nicht auf dem Schirm bekommen, dass jemand mir mutwillig mein abgeschlossenen Fahrrad aufgebrochen und mitgenommen hat. Es wollte nicht in meinen Kopf, dass es solche Menschen gibt.
Aber gut, war versichert und es gab ein einigermaßen schickes Mountainbike als Ersatz. Allerdings hatte ich, wie gesagt, nie eine besonders emotionale Beziehung zu den Rädern. Ich konnte auch nicht gut schrauben und diese Kettenschaltungskabel und -hebel überall fand ich uberkompliziert. Und so ist dann irgendwann mein Mountainbike dank mangelnder Pflege und schrauberischem Unvermögen im Laufe des Studiums etwas verwahrlost.
Schnell hatte ich aber einen Ersatz gefunden. Eine total gemütliche Hollandrostgurke aus einer wohltätigen Werkstatt für Behinderte in Osnabrück. Für 30€ war man in einer Stadt der Größe Osnabrücks einfach in 10 Minuten überall. Und Osnabrück war imho auch eine sehr fahrradfreundliche Stadt. Nicht so extrem wie Münster, aber ich hab mich immer sicher unterwegs gefühlt.
In Osnabrück fing ich dann auch an, mich für etwas aussergewöhnliche Fahrräder zu interessieren und kaufte über das schwarze Brett der Uni ein kleines aber feines oldschool BMX.
Ende vom Lied in Osnabrück: Hollandrad einmal vergessen abzuschließen – geklaut, BMX aus dem geschlossenen Hinterhof: geklaut. Darüber hinaus hab ich noch ein altes Mountainbike fit gemacht, dass bei uns im Garten vergammelte. Kaum fuhr es wieder, meldete natürlich jemand Besitz an. Tolle Wurst!
In Nürnberg hatte ich mir auch über einen Bekannten erst ein altes, kaputtes Hollandrad besorgt, musste dort aber sehr schnell feststellen, dass ich bisher in absoluten Fahrrad-Utopien gefahren war.
Nürnberg ist eine Scheiß-Stadt für Radfahrer!
Ich hatte in dem halben Jahr, wo ich versucht habe, mehr Rad zu fahren, mehr Nahtoderlebnisse als in den 20 Jahren Radfahren vorher zusammen. Entweder gab es keine Radwege oder sie wurden konsequent von allen Autofahrern ignoriert. Am besten waren aber die Wege, die unvermittelt in einer sich verengenden Hauptverkehrsstraße mündete, von der man dann ratzfatz wieder runtergehupt wurde.
Jedenfalls hat mir das Radfahren in Nürnberg so überhaupt keinen Spaß gemacht, weswegen ich auch kein Problem damit hatte, als meine Rostgurke irgendwann den Geist aufgegeben hat.
Das mit dem Spaß änderte sich allerdings zu dem Zeitpunkt, als ich bei einem Fahrradschrauber in der Südstadt diesen kleinen blauen Schatz fand:
Dieser blaue Renner sollte also mein erstes Klapprad sein. Die Preise waren im Nachhinein ein Traum. Schrauber wollte 30, ich so: „Ich wollt noch n Bier trinken gehen, ich geb dir 20?“ Schrauber: „Ok“.
Naja, damit hab ich also den Alltag in Nürnberg bestritten. Mal zum Supermarkt, mal in die City, nicht zu weit, weil 1 Gang und der Nürnberger Berg, hinter dem ich wohnte, vertrugen sich nicht so richtig.
Alles war schön und gut… bis erst die Reifen den Geist aufgaben und ich keinen Nerv mehr hatte, es zu reparieren. Und es dann später auch geklaut wurde.
Was will man machen, es bleibt einfach nicht aus.
Ich zog also dann vollkommen radlos (pun intended) von Nürnberg nach Hanau. Was zwar erstmal nicht schlimm ist, weil Hanau auch nicht so wirklich riesig ist und man nach Frankfurt eh mit den Öffis reinfahren muss, aber irgendwie störte es mich doch.
Und so hab ich dann von meiner überhaupt allersten nennenswerten Steuerrückzahlung (WISO sei dank!) mein erstes richtiges, quasi „erwachsenes“, Mountainbike gekauft.
Das Haibike Attack SL 29:
Ich hatte in Nürnberg schon ein 29“ Mountainbike probegefahren und fand es einfach für mich, meine Sitzposition und meinen Fahrstil super passend, deswegen fiel meine Wahl auf so ein Modell. Damit bin ich dann derzeit unterwegs, wenn ich „Strecke“ machen oder ein bisschen die Waldwege der Umgebung erkunden will.
Es ist kein hochgezüchtetes Profirad und hat weniger gekostet, als so manche Federgabel alleine kosten würde, aber es ist mein treues Arbeitstier, mit dem ich mittlerweile schon so einige Kilometer gefressen habe. Den ca. 28km Arbeitsweg Frankfurt-Hanau z.B. erledige ich mittlerweile unter 1.5h mit nem Schnitt von über 22km/h. Was ich schon ganz ordentlich finde, weil da der Frankfurter Stadtverkehr, die Mainauen und das Queren des Mains auf einem Wehr da eingerechnet sind.
Allerdings ist das Mountainbike kein Rad für den „Alltag“, dass ich auch mal gerne irgendwo rumstehen lasse. Das hab ich am liebsten immer im Blick oder abgeschlossen im Hinterhof stehen. Also fehlte mir noch eine kleine Möhre für den Alltag.
Vor allem würde ich gerne dem morgendlichen Bus umgehen und am liebsten täglich mit dem Rad zum Hauptbahnhof.
Erstens geht es schneller und zweitens: Bewegung! Yay!
Also machte ich mich auf die Suche nach einem Alltagsrad. Aber wie es nun mal so ist, konnte ich mich nicht mit einem stinknormalem, rostigen Verbrauchsdrahtesel begnügen, sondern bin bei der ersten Besichtigung direkt wieder einem schönen, babyblauen Klapprad-Oldtimer erlegen:
Is es nicht ein Traum? Locker 40-50 Jahre alt, schöne Patina, fast alles Original. Ich konnte einfach nicht nein sagen, auch wenn die Preise für gebrauchte Räder, grade von solchen Klapprädern, hier ganz schön gepfeffert sind. Aber ich hab noch ein bisschen runtergehandelt und konnte es dann mit nach Hause nehmen.
Die erste Freude währte jedoch nicht lange. Nach einigen Kilometern macht es KNARTSCH, und das vorher schon etwas wackelige Tretlager verabschiedete sich in alle Einzelteile. Ich hab leider kein Foto vom Kugelhalter gemacht, aber da hatten Jahre von Sand und Schlamm fast alles an Blech weggeschmirgelt.
Zuerst war ich etwas gefrustet, weil ich, wie gesagt, nicht der Schraubergott vor dem Herren bin und alle Händler meinte, für diese Art Lager würden seit 40 Jahren keine Ersatzteile mehr produziert, aber dann packte mich der Ehrgeiz. Grade diese alten Dinger kann man im Endeffekt doch mit Rohrzange, Caramba und Panzerband wieder ans Laufen bekommen, die wurden doch noch für die Ewigkeit gebaut.
Also, gesagt getan, und nach etwas Googelei bei dem Fahrradgott Sheldon Brown eine Anleitung gefunden, wie man alte Kurbelkeil-Tretlager ganz rudimentär instand setzt. Einfach mit Lagerfett und Kugellagerkugeln. Es hat mich zwar 3 Anläufe gekostet, alles wieder so zu verschrauben, wie es vorgesehen war, aber die Befriedigung, die sich einstellte, als das selbst reparierte Tretlager dann das erste Mal wieder sauber und smooth rund lief, die war schon toll.
Ich also, stolz wie Bolle auf meinen schicken Hipster-Treter, los damit zum Bahnhof. Schön zwischen den ganzen shiny-shiny Mountainbikes angekettet, wird schon nix passieren.
Pustekuchen!
Genau 3 Mal hab ich es geschafft, das Rad seiner Bestimmung zuzuführen, bis ich eines Abends von der Arbeit kam und statt mich auf mein Rad zu schwingen, nur noch die Überreste meines Fahrradschlosses aufsammeln konnte.
Man, war ich geladen. Bin ich immer noch. Unglaubliche Schweinerei. Und wahrscheinlich wurde das gute Stück nicht mal für teures Geld an einen Berliner „IrgendwasmitMedien-Hipster“ verscherbelt, sondern landete garantiert direkt im Altmetall.
Ich bin zwar noch 1-2 Tage durch Hanau gestreift um zu gucken, ob jemand so blöd ist, damit hier rumzufahren, aber Fehlanzeige. Genau wie die Anzeige bei der Polizei Fehlanzeige war. War mir natürlich vorher schon klar. Unregistriertes Rad ohne Rahmennummer? Hmmmjahmm, viel Hoffnungen können wir Ihnen da nicht machen! Schon verstanden, aber ich wollte immerhin in der Statistik auftauchen. So wichtig wars mir schon, auch wenn die Ermittlungen natürlich zeitnah „ergebnislos“ eingestellt wurden.
Nach dem Kapitel sollte erstmal Schluss sein mit Fahrrädern. Zumindest war so der Plan. Zum einen hab ich massiv die Schnauze voll, mir ständig meine Drahtesel klauen zu lassen und zum anderen wollte ich das Geld lieber sparen für den Urlaub.
Genau aus dem Grund habe ich dann auch nicht mehr explizit nach einem Rad gesucht.
Was ich allerdings getan habe, war, nach „meinem“ Rad zu gucken. Immer mal auf Ebay und Kleinanzeigen nach Klapprädern gesucht. Wobei mir massiv aufgefallen ist, wie unverschämt die Preise hier geworden sind. Jeder Hinz holt derzeit sein verrostetes generisches 70er Jahre Klapprad aus dem Schuppen, schreibt „Vintage, selten, retro“ in die Anzeige und will 200€ dafür haben. Absolut lächerlich. Seh ich auch nicht ein, so einen Preis dafür zu bezahlen, vor allem wenn es a: nicht halb so cool aussieht wie mein *echtes* Oldtimer-Klapprad und man b: noch Arbeit reinstecken muss.
Dann sollen sich das lieber die Anzugbänker-Freizeithipster unter den Nagel reißen, die sich dann am Wochenende mal bisschen „retro“ und „alternativ“ fühlen wollen. Wenn die sich das leisten können, bitte, ohne mich.
Aber so kam es wie es kommen musste. Bei einer Suche nach „Klapprad“ landete ich auf einer neuen Anzeige bei den Ebay Kleinanzeigen für ein Fahrrad. Ein ziemlich spezielles Fahrrad. Welches ich schon mal auf der Straße gesehen und für ziemlich cool befunden hatte. Allerdings hatte ich nie wirklich den festen Plan, mal so ein Rad zu besitzen, vor allem weil es ziemlich selten und daher auch meist zu teuer ist.
Diese Anzeige war jedoch ohne Mindestpreis gesetzt und ich hab einfach mal dreist angefragt. Antwort kam prompt, mein Gebot war natürlich viel zu niedrig, aber der Typ machte einen netten Eindruck und wir haben ein bisschen gefeilscht und einen Besichtigungstermin ausgemacht.
So kam eins zum anderen und jetzt bin ich stolzer Besitzer eines *drumroll* Schweizer Ordonnanzrads 05. 22kg schwarzer Stahl, in seiner ganzen Pracht:
Das Baujahr 1956 ist im Rahmen eingeprägt, nächstes Jahr wird es also 60 Jahre alt. Und es ist in einem echt guten Zustand. Es fehlen zwar leider ein Paar Zubehörteile (am meisten schmerzt mich der fehlende Dynamo mit Vorderlicht, der ist echt schwer aufzutreiben) aber alle „essentiellen“ Teile sind vorhanden und super in Schuss. Wenn die Masse an Metall erstmal in Bewegung gebracht ist, rollt es sich überraschend angenehm und gemütlich. Hätte ich so auch erst nicht gedacht, aber ein wirklich smoothes Fahrgefühl.
Ja, das ist nun also mein neues Schätzchen. Und dieses werde ich garantiert nicht am Bahnhof stehen lassen. Wahrscheinlich miete ich mir einen Fahrradbox am Hauptbahnhof. Kostet 100€ im Jahr und das Rad steht trocken und abgeschlossen im Sicheren. So I hope.
Schrauben muss ich zum Glück an dem Rad wenig bis nichts, wie es aussieht. Was ich auf jeden Fall vorhabe ist den Sattel zu fetten, das Leder hat schon bessere Tage gesehen. Sollte aber auf jeden Fall zu retten sein. Ausserdem muss es mal gereinigt und der Lack etwas aufpoliert werden. Sonst werd ich an der Patina und den Kratzern nichts machen, man sieht es ihm halt an, dass es auch schon mal im Schotter gelandet sein muss.
Was ich noch gerne hätte, wären wie gesagt ein Dynamo mit Lampe vorne, Hinten ist die Lampe vorhanden, eine Originalpumpe (der Halter ist da) und eventuell ein grünes Nummernschild (Lottogewinn wäre ja, das zur Rahmennummer passende Originalschild aufzutreiben, aber das ist wohl eher Wunschdenken).
Das vorhandene rote Schild ist zwar original, wurde aber erst Ende der 60er eingeführt, gehört also „eigentlich“ nicht an dieses Rad.
Was halt super Luxus wäre, wäre eine originale Rahmen- und oder Werkzeugtasche aus Leder. Aber diese Dinger werden für so ein Schweinegeld gehandelt, dass hab ich jetzt erstmal ganz hintenan gestellt. Hat also keine Priorität.
Ja, so steht es da jetzt erstmal und wartet auf seinen Einsatz.
Und so landete ich auf der Suche nach einem rostigen, klaubaren Alltagsfahrrad, doch wieder bei einem exotischen Sondermodell.
Ich kann halt irgendwie nicht anders.