Ich bin immer ein bisschen zwiegespalten, wenn mir jemand im Gespräch erzählt, er sei gläubig oder religiös. Dabei ist der Grad der Religiosität gar nicht mal so ausschlaggebend, wobei ich zugeben muss, in meinem engeren Freundes- bzw. Bekanntenkreis keine überzeugten Gläubigen zu haben. Das resultiert wohl aus dem bevorzugten Umgang oder so.
Zu sagen ist, dass ich persönlich keinen Hehl daraus mache, dass ich Glauben, Religionen und Kirchen sehr kritisch betrachte. Meiner Meinung nach sind Religionen für einen Großteil der historischen und aktuellen Probleme und Krisen der Menschen verantwortlich.
Das ist auch eine Haltung, die ich relativ selbstbewusst vertrete, da ich keine Lust habe meinen Atheismus zu „verstecken“ oder Diskussionen darüber zu entziehen. Jeder, der einen Glauben nach Außen vertritt und seine Religiosität kommuniziert, muss auch die geistige Reife haben, zu verkraften, dass es Menschen gibt, die eine andere Meinung haben und diese ebenfalls kommunizieren.
Der Zwiespalt besteht jetzt darin, in einer solchen, oft auch persönlichen Diskussion, so sachlich zu bleiben bzw. seine Meinung zu differenzieren.
Ich will niemanden das Recht absprechen, einen Glauben zu pflegen, der dieser Person Halt, Sicherheit oder Frieden gibt, und damit effektiv einen positiven Einfluss auf das Leben dieses Menschen hat. Viele Menschen finden Halt im Glauben, in der Gesellschaft der Gemeinde, Sicherheit vor dem Ungewissen „danach“.
Trotzdem kann ich es mit meiner Überzeugung nicht vereinbaren, diese Punkte unkritisch anzuerkennen.
Denn auch wenn Religionen für den Einzelnen durchaus einen Sinn haben und das Leben lebenswerter machen, bin ich davon überzeugt, dass im „großen Ganzen“ die negativen Einflüsse der Religonen auf die Menschheit im Jetzt und in der Geschichte überwiegen.
Kriege, Unterdrückung von Gesellschaftsgruppen, Diskriminierung der Frau, Rückwärts gerichtetes Denken, Besitz- und Machterhalt als oberste Maxime sind nur einige Eckpunkte dieser Unterdrückung des Fortschritts.
Meiner Meinung nach ist es eben eine evolutionäre Notwendigkeit, dass die Religion aus dem kollektiven Bewusstsein der Menschen verschwindet, um überhaupt als „Gattung“ überleben zu können. Daher sehe ich auch den Atheismus als ein Anzeichen einer gewissen geistigen Reife, ohne mich dadurch dem Gegenüber als etwas „Besseres“ bezeichnen zu wollen.