Der Anfang vom Ende

By | 3. Juni 2013

Moin.

Wo fing es an mit der Unzufriedenheit und den Problemen mit dem Selbstbewusstsein?

Ich glaube, ausschlaggebend war der Anfang vom Studium. Cognitive Science in Osnabrück. Nur knapp 100 Studenten aus ganz Deutschland bzw. der Welt die nur nach Osnabrück gekommen sind, um diesen Studiengang zu belegen. Mittendrin: ich. Ohne große Anstrengungen durch die Schulzeit bis zum Abi gekommen war ich mir meiner Intelligenz beziehungsweise meiner geistigen Fähigkeiten eigentlich recht bewusst. In der Schule sah ich mich, ohne arrogant wirken zu wollen, durchaus im oberen Viertel der „Intelligentia“ , hatte nie Probleme, musste nie wirklich viel lernen und hab auch mein ziemlich gutes Abi ohne Probleme über die Bühne gebracht.

Und dann kam ich nach Osnabrück. Und auf einmal war ich umgeben von Gleichaltrigen, die halt nicht nur ein 2er Abi ohne Lernen erreicht haben, sondern auch ein 1.0 Abi. Die parallel zur Schule schon ihre eigenen Softwareprojekte geschrieben haben und am Anfang des Studiums aufgrund ihrer Noten oder sonstigen Aktivitäten in großen Stückzahlen zu verschiedenen Stipendiengebern geladen wurden.

Ich war von einem Tag auf den Anderen nicht mehr einer der oberen 10-20% in der geistigen Leistungsfähigkeit, sondern musste mich anstrengen, nicht den Anschluss zu verlieren. Während ich mit Biegen und Brechen den ungeliebten Informatik-Schein erst im 2. Anlauf bestehen konnte, haben die meisten meiner Peer- Group parallel noch den Matheschein gemacht. Und das mit einer Leichtigkeit, mit der ich nicht Schritt halten konnte. Das Problem war, meinen Peers fiel alles auf einem viel höheren Niveau viel leichter als mir und hatten deswegen auch genug Zeit und Muße entsprechend dem Studentenklischee feiern zu gehen. Und auch hier mittendrin ich. Mindestens 2-3 Abende die Woche + das Wochenende war Action angesagt. Und trotzdem traf man sich am nächsten Morgen in der Vorlesung. Nur mussten meine Kommilitonen hier nicht aufpassen oder groß nacharbeiten wie ich es wohl gemusst hätte.

In Osnabrück hatten sich die oberen 5% aus ganz Deutschland zusammengefunden in einem quasi „Elite-Studiengang“ zu dem es in dieser Form in  Deutschland keine Alternative gab. Für sie fing das „arbeiten“ oder „lernen“ einfach 20  Stufen über meinem Lernniveau an. Nur war ich zu blind, das rechtzeitig zu begreifen. Hätte ich früh genug begriffen, dass ich mich mehr hätte anstrengen, aus mehr Partys hätte ausklinken und einen Lernrhythmus entwickeln müssen, wäre es vielleicht anders gelaufen. Immerhin habe ich mit die gefürchtetsten „Aussieb-Vorlesungen“ bestanden. Neurobiology? Anstrengend, aber super interessant und nach derben Lernsessions Klausur auch bestanden. Informatik? Liegt mir nicht, Schein trotzdem erarbeitet.

Aber anstatt zu realisieren, dass ich jetzt hätte durchstarten müssen, bin ich resigniert. Daran, dass ich auch mit Fleiß nicht die Ergebnisse erreichen konnte, die meine Freunde zwischen zwei Unipartys aus dem Handgelenk geschüttelt haben. Daran, dass ich ungewohnterweise in den Lerngruppen nicht immer zu den Schnellkapierern gezählt hab. Daran, dass ich mich nicht daran gewöhnen konnte, nicht mehr zu den Besten zu gehören, dass sich der Maßstab für mich verschoben hatte.

Ja, und dieses irrationale Gefühl, auf einmal nicht mehr „gut“ genug zu sein, dieser Mangel an Selbstbewusstsein und der fehlende Glaube an  meine Fähigkeiten zieht sich jetzt leider bis heute durch mein Leben.

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